10 Fragen und Antworten zur Krankheit und Arbeitsunfähigkeit
Eine Arbeitnehmerin / ein Arbeitnehmer hat sich grundsätzlich vor Arbeitsbeginn bei seinem Vorgesetzten wenigstens telefonisch zu melden, dass er / sie krank ist. § 5 EFZG verlangt vom Arbeitnehmer, dass er dem Arbeitgeber unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitteilt.
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Patient /Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr ausführen kann, dass sich seine Erkrankung verschlimmert.
Die Einzelheiten, wie und bei wem man sich krankmelden muss, stehen oft im Arbeitsvertrag oder ergeben sich aus der betrieblichen Übung. Diese sollten zur Vermeidung von Abmahnungen unbedingt ernst genommen werden.
Eine Meldung nur beim Bürokollegen ist riskant, denn nicht immer wird dann die Krankmeldung den Chef tatsächlich erreichen. Heute ist es oft auch üblich, sich per Email/ Chat krank zu melden. Aber Achtung, dies kann der Arbeitgeber ausdrücklich verbieten und verlangen, dass man sich immer telefonisch beim Vorgesetzten meldet.
Es sollte bedacht werden, dass der Arbeitgeber u.U. die Besetzung der Schichten und Teams neu planen muss und eine Vertretung organisieren muss. Soweit möglich, sollte angegeben werden, wann man wieder zur Arbeit kommen kann.
Das Gesetz § 5 EFZG verlangt die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, wenn die AU länger als 3 Tage dauert. Diese Erstbescheinigung muss dann spätestens am 4. Tag dem Arbeitgeber vorgelegt werden. Dauert die AU länger als attestiert ist unmittelbar eine Folgebescheinigung vorzulegen.
Da die AU-Bescheinigung einen hohen Beweiswert besitzt, muss der Arzt/ die Ärztin große Sorgfalt walten lassen. So darf nach §4 der AU-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2470/AU-RL_2021-03-18_iK-2021-04-01_AT-15-04-2021-B3.pdf ein ärztliches Attest nur dann ausgestellt werden, wenn eine unmittelbare persönliche Untersuchung stattgefunden hat.
Der Arzt oder die Ärztin darf auch nicht die AU-Bescheinigung rückdatieren. Dies ist nur ausnahmsweise auf einen Tag vor dem Behandlung Beginn liegenden Tag oder für eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit zulässig. Anderenfalls würde sich der Arzt/die Ärztin gegenüber der Krankenkasse schadenersatzpflichtig machen. Zudem erfüllt es den Straftatbestand nach § 278 StGB.
Während der Corona Pandemie gilt noch bis 30.06.2021 eine Sonderregelung, danach dürfen Vertragsärzte bekannte und unbekannte Patienten bis zu 7 Kalendertage am Telefon krankschreiben. Voraussetzung ist, dass es sich um eine leichte Erkrankung der oberen Atemwege handelt. Die telefonische AU-Bescheinigung kann bei fortdauernder Erkrankung telefonisch einmal um 7 Kalendertage verlängert werden.
Ab dem 1.10.2021 wird die elektronische AU-Bescheinigung (E AU) eingeführt. Danach muss bei gesetzlich Krankenversicherten der behandelnde Arzt/die Ärztin der Krankenkasse die AU-Bescheinigung elektronisch melden und dem Patienten/Arbeitnehmer sowie für den Arbeitgeber eine einfache Bescheinigung, die unterschrieben ist, aushändigen. Dies bedeutet, dass in der Praxis der Arbeitnehmer seine AU-Bescheinigung nicht mehr selbst an die gesetzliche Krankenkasse weiterleiten muss sondern nur noch das für den Arbeitgeber bestimmte Exemplar diesem auszuhändigen hat.
In einem 2. Schritt zur Einführung der E AU sollen dann die gesetzlichen Krankenkassen den Arbeitgebern die AU-Bescheinigungen ebenfalls elektronisch zur Verfügung stellen. Gleichzeitig bleiben die Ärzte aber verpflichtet, dem Patienten eine vereinfachte AU-Bescheinigung auf Papier auszustellen. Auf Wunsch des Patienten kann auch eine Papierbescheinigung für den Arbeitgeber weiter ausgestellt werden.
Nein, keine Arbeitnehmerin / kein Arbeitnehmer muss die medizinischen Diagnosen dem Arbeitgeber bekannt geben. Die Diagnose erfährt neben der betroffenen Person nur die Krankenkasse. Es steht dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin natürlich frei, den Grund für die Arbeitsunfähigkeit anzugeben. Es kann jedoch nur dringend davon abgeraten werden, da dieses Wissen der Arbeitgeber bzw. die Vorgesetzten in Konfliktsituationen gegen den Krankenarbeitnehmer verwenden könnten.
Solange keine AU-Bescheinigung dem Arbeitgeber vorgelegt wird, kann dieser zunächst die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes gemäß § 7 EFZG verweigern, und zwar so lange bis die ärztliche Bescheinigung vorgelegt wird. Es ist mittlerweile übliche Praxis, dass die AU-Bescheinigung dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin vorab per E-Mail zur Verfügung gestellt wird und dann das Original per Post zugesandt wird.
Ist der Zeitraum der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bereits abgelaufen, sollte der Arbeitnehmer die Arbeitnehmerin unbedingt darauf 8., dass die AU-Bescheinigung unverzüglich gegenüber der Krankenkasse mitgeteilt wird, anderenfalls der fällige Anspruch auf Krankengeld ruht und die Krankenkasse nicht verpflichtet ist, für den nicht nachgewiesenen Zeitraum das Krankengeld zu bezahlen. Dies gilt insbesondere auch für Anschlussbescheinigungen. Hier hat sich der kranke Arbeitnehmer rechtzeitig zum Arzt/zur Ärztin zu begeben, um beurteilen zu lassen, ob die Arbeitsunfähigkeit andauert.
Nein das müssen sie nicht. Solange der Arzt nicht ausdrücklich die Bettruhe oder eine häusliche Quarantäne wegen Infektionsgefahr angeordnet hat, dürfen Sie alle Tätigkeiten unternehmen, die dazu dienen, dass sie möglichst rasch wieder gesund werden. Dies erlaubt also auch Spaziergänge an der frischen Luft, leichte sportliche Tätigkeiten (soweit mit der Erkrankung vereinbar) sowie den Gang in den Supermarkt zur Versorgung. Möglich bleiben auch Nebentätigkeiten in der Landwirtschaft, die Versorgung von Tieren und leichte handwerkliche, ungefährliche Tätigkeiten am eigenen Haus. Auch ein geplanter Urlaub ist während der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit möglich. Als Beispiel wäre hier die Erholung in einem milderen Klima bei einer chronischen Atemwegsinfektionen zu nennen. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte der Arbeitgeber jedoch darüber informiert werden.
Selbstverständlich ist dies möglich, wenn sie sich wieder gesund und fit fühlen. Eine Krankschreibung bedeutet ja nicht ein Arbeitsverbot. Allerdings ist in solchen Fällen zu beachten, dass dann der Arbeitgeber nach dem Grund der Arbeitsunfähigkeit wird fragen müssen. Denn er trägt die Fürsorgepflicht für alle Arbeitnehmer und muss im Rahmen des Arbeitsschutzes sicherstellen, dass andere Arbeitnehmer nicht angesteckt werden.
Eine ausdrückliche Gesundschreibung gibt es nicht. Sie ist auch gesetzlich nicht vorgesehen. Im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, sich ärztlich attestieren zu lassen, dass man wieder arbeitsfähig ist. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass man diese zusätzlichen Attestkosten als Arbeitnehmer in der Regel selbst bezahlen muss.
Gemäß § 5 Abs. 2 EFZG ist bei einem Urlaub im Ausland der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Dies wird in der Regel heutzutage eine E-Mail oder eine Chat Nachricht sein.
Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Meldung auch gegenüber der Krankenkasse vom Ausland aus zu erfolgen hat, sofern man gesetzlich krankenversichert ist. Bei Rückkehr ist der Arbeitnehmer zudem verpflichtet, sowohl der Krankenkasse als auch dem Arbeitgeber unverzüglich Bescheid zu geben.
Ab dem Tag der Meldung der Arbeitsunfähigkeit werden keine Urlaubstage mehr verbraucht. Wichtig ist, dass man als Arbeitnehmer am Urlaubsort zu einem Arzt gehen sollte und sich ein ärztliches Zeugnis ausstellen lassen sollte, damit die nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub nicht an gerechnet werden, vergleiche § 9 BurlG.
Ein Arbeitgeber kann sehr wohl während einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine Kündigung aussprechen und ihm zustellen. Eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht ein Kündigungsverbot. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin bzw. ein Familienangehöriger sollte daher auch während einer Arbeitsunfähigkeit regelmäßig mindestens einmal am Tag den Briefkasten kontrollieren. Dies ist notwendig, um die Frist für eine eventuell notwendig werdende Kündigungsschutzklage korrekt berechnen zu können.
Der Entgeltfortzahlungsanspruch bleibt auch dann dem Arbeitnehmer erhalten, wenn der Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Dies gilt auch wenn der Arbeitnehmer einen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses (zum Beispiel bei Nichtzahlung der Vergütung durch den Arbeitgeber) hat. In allen anderen Fällen bleibt bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehen., vergleiche § 8 EFZG.
Ist ein Arbeitnehmer häufig vor allem an Montagen oder Freitagen, Brückentagen oder bei Streitigkeiten über den Urlaub auffällig häufig krank, hat der Arbeitgeber verschiedene Reaktionsmöglichkeiten.
Zunächst sollte er organisatorisch ein konsequentes Fehlzeitenmanagement betreiben. So kann auch bei Öfteren bzw. längeren AU-Zeiten schnell reagiert werden und gegebenenfalls Knacks nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 12 Kalendermonaten ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX einleiten. Handelt es sich um einen Schwerbehinderten Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber auch zügig durch die Einleitung eines Präventionsverfahrens gemäß § 167 Abs. 1 SGB IX durch Antrag beim Inklusionsamt reagieren.
Bevor der Arbeitgeber gegebenenfalls unter Einschaltung einer Detektei eine Kündigung wegen vorgetäuschter AU-Zeiten („Blaumachen“) in Erwägung zieht, sollten alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft werden.
- Vorlage einer ärztlichen AU-Bescheinigung bereits ab dem 1. Tag. Dies ist möglich ohne Angabe von Gründen (vgl. BAG, Urteil vom 14.11.2012, 5 AZR 886/11), hierzu ist der Arbeitgeber gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG berechtigt.
- regelmäßige Krankenrückkehrgespräche führen.
- Verweigerung der Entgeltfortzahlung bis zur Vorlage der ärztlichen AU-Bescheinigung, dazu ist der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 EFZG berechtigt.
- Anweisung an die gesetzliche Krankenversicherung zur gutachterlichen Stellungnahme über den MDK, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich besteht
- im Wiederholungsfalle und bei beharrlichen Verstößen Erteilung einer Abmahnung
- eine Kündigung wegen Pflichtverletzung bei Krankmeldung und Vorlage einer AU-Bescheinigung sollte nur in extremen Ausnahmefällen in Erwägung gezogen werden. Der Arbeitgeber trägt für den Kündigungsgrund die volle Darlegungs- und Beweislast.