Fragen und Antworten zum BEM
(Betriebliches Eingliederungsmangement)
Ist ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen am Stück oder wiederholt krank, muss der Arbeitgeber ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. Ziel ist es, den Erkrankten Schritt für Schritt wieder ins Arbeitsleben einzubinden. Eigentlich eine gute Idee, doch es hakt an manchen Stellen: Die Betroffenen sehen das BEM bisweilen als Nachteil, und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hat Grenzen. Damit es dennoch funktioniert, haben wird für Sie sieben Wahrheiten zum BEM zusammengestellt.
Nein. Zwar sind die Vorschriften für das BEM im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) enthalten, das eigentlich das Schwerbehindertenrecht regelt. Aber der einschlägige § 167 Abs. 2 SGB IX gilt für alle Beschäftigten. Für jeden Beschäftigten, der binnen eines Zeitraums von zwölf Monaten insgesamt sechs Wochen am Stück oder wiederholt erkrankt, muss der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. Ziel ist es, dem Mitarbeiter in kleinen Schritten den Einstieg in das Arbeitsleben zu ermöglichen und eine erneute Erkrankung zu vermeiden. Der Mitarbeiter soll arbeitsfähig bleiben, einer Kündigung ist vorzubeugen.
Ja – das kann er. Erkrankt ein Mitarbeiter binnen eines Zeitraums von zwölf Monaten mehr als sechs Wochen am Stück oder wiederholt, so muss der Arbeitgeber ihn zur Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsverfahrens (BEM) einladen. Allerdings muss der Betroffene dem Verfahren zustimmen. Die Motivation des Mitarbeiters zur aktiven Beteiligung am BEM ist entscheidend für den Erfolg des BEM. Ein BEM ohne die Zustimmung oder gegen den Willen des Mitarbeiters ist zum Scheitern verurteilt.
Nein – die gibt es nicht. Das Gesetz (SGB IX) sagt zwar, dass der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen muss, wenn der Betroffene damit einverstanden ist. Wie das Verfahren in der Praxis konkret umzusetzen ist, lässt das Gesetz aber offen. Das BEM hat weder einen klaren inhaltlichen Ablauf noch sind Zeiträume und Endpunkte festgelegt. Dies zu bestimmen, bleibt den Arbeitgebern überlassen. Der Grund ist, dass es auch kaum möglich ist, das Verfahren für alle Betriebe (Groß- und Kleinbetriebe) gleichermaßen festzulegen. In Kleinbetrieben – beispielsweise – werden Krankenrückkehrgespräche ausreichend sein. Vielfach wird die Ausgestaltung des konkreten BEM in einer Betriebsvereinbarung geregelt.
Ja – das kann es. Das Hauptproblem ist: ein erfolgreiches BEM erfordert, dass der betroffene Mitarbeiter gewisse Informationen über seine Erkrankung und seinen Gesundheitszustand preisgibt. Nur dann können die notwendigen Maßnahmen zur Wiedereingliederung erfolgen. Zwar ist das Offenlegen der Gesundheitsdaten immer freiwillig, und der Arbeitgeber muss den Beschäftigen auch auf die Verwendung der Daten hinweisen. Er muss sicherstellen, dass alle Datenschutzbestimmungen eingehalten und die Gesundheitsdaten nur im Rahmen und für den Zweck des BEM verwendet werden. Dennoch besteht immer die Gefahr, dass der Arbeitgeber das erlangte Wissen über den Gesundheitszustand gegen den Betroffenen verwendet.
Ja – das ist er. Der Betriebsrat hat beim BEM sogar eine wichtige Funktion. Er muss darüber wachen, dass das BEM ordnungsgemäß abläuft und die Interessen der Arbeitnehmer gewahrt sind. Aber letztlich entscheidet der betroffene Arbeitnehmer, ob und in welchem Umfang ein Betriebsratsmitglied an seinem BEM-Verfahren beteiligt sein soll. Allerdings kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass ihm dieser alle Beschäftigten namentlich benennt, die nach § 167 Abs. 2 SGB IX die Voraussetzungen für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfüllen. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat dabei diese Namen auch dann mitteilen, wenn die betroffenen Mitarbeiter der Beteiligung des Betriebsrats nicht zugestimmt haben (so Entscheidung des BAG vom 7. 2. 2012 – 1 ABR 46/10). Datenschutzrechtliche Erwägungen stehen dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats nicht entgegen.
Ja – die hat er. Zwar handelt es sich bei jedem einzelnen BEM um ein individuelles Eingliederungsverfahren für einen einzelnen Arbeitnehmer, um diesem den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Allerdings besteht laut Gesetz die Aufgabe für den Arbeitgeber darin, im Betrieb insgesamt ein System mit klar strukturierten Abläufen für ein BEM zu entwickeln, das sowohl ein Frühwarnsystem als auch ein Maßnahmepaket enthält, um die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten. Die Ausgestaltung dieser allgemeinen Verfahrensregeln berührt Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – hier muss dieser umfassend eingebunden und beteiligt werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG). In einem wichtigen Grundsatzurteil vom 22.03.2016 hat das BAG bestätigt, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats sich keinesfalls auf Maßnahmen zur Durchführung des BEM beziehen darf, diese bleiben Arbeitgebersache, vielmehr beschränken sich die Rechte des Betriebsrats auf die Verfahrensregeln.
Nein, die ordnungsgemäße Durchführung eines BEM ist keine Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings hat das Fehlen eines BEM Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Denn: Normalerweise kann ein Arbeitgeber bei höheren Fehlzeiten im Kündigungsschutzprozess pauschal behaupten, dass in seinem Betrieb keine leidensgerechten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Dann muss der Arbeitnehmer dem Gericht vortragen und beweisen, dass diese doch bestehen. Anders bei einem fehlenden BEM: Nun ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig, dass keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, zum Beispiel durch eine Umsetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz.